Letzte Woche hatte ich mir einen Tag frei genommen, um zum Friseur zu gehen.
Es war der letzte heiße Tag, und ich lungerte ziellos in Frankfurt herum und genoss die Sonne. Trotzdem fand ich mich plötzlich bei Hugendubel wieder. Nachdem ich zwei Bücher über Marketing ausgesucht hatte und schon gehen wollte, fiel mein Blick auf ein weißes Buch mit einer seltsamen aufgestickten Schrift (was ja nicht sein konnte, aber so sah es aus): „Mängelexemplar“ von Sarah Kuttner.
Rückentext „Die Psyche ist so viel komplizierter als eine schöne, glatte Fraktur des Schädels“. „Huch“, dachte ich. Was hat Sarah Kuttner denn für ein Problem?“ Mal reinlesen. Klasse. Gleich die erste Seite riss mich in eine psychiatrische Praxis und es ging sofort ans Eingemachte – „Depression“.
Ich liebe tiefgehende Geschichten, und diese hier war hautnah geschrieben, sehr ernst und aufwühlend und gleichzeitig sehr lustig. So kannte ich das bisher nur von Frank McCourt („Die Asche meiner Mutter“).
Eigentlich wollte ich es kaufen, aber mein Mann hatte sich beschwert, weil ich in letzter Zeit wahnsinnig viele Bücher gekauft hatte.
Ich setzte mich erstmal. Und las. Und las das komplette Buch. Im Hugendubel.
Das Buch ist sehr ehrlich und sehr, sehr gut geschrieben – finde ich. Ich habe alles mitgefühlt. Es hat nicht viel Handlung, mehr Innenschau, und das war perfekt so für mich.
Manchmal kamen mir die Tränen, manchmal lachte ich, und es waren immer andere Leute, die es mitbekamen.
Als ich fertig war, fühlte ich mich sehr erschöpft, so als ob ich selbst durch alle Gefühls-Wechselbäder der Hauptperson gegangen wäre. Aber es war toll. Und als ich rauskam, schien die Sonne immer noch, und ich war dankbar für mein Leben.

Es geht noch weiter:
Ich schrieb Sarah Kuttner eine Email (sie hat eine Website und ein „Office“), schilderte ihr die Umstände, unter denen ich das Buch gelesen hatte und dankte ihr für dieses wunderbare Buch. Als Schlusssatz bat ich noch, keine standardisierte Antwort zu erhalten – dann lieber gar keine.

Heute öffnete ich den Briefkasten und fand einen braunen Umschlag, der sich nach Buch anfühlte. „Hä, was ist das denn, ich habe doch gar nix bestellt?!“, wunderte ich mich. Der Absender sagte mir nichts. Während ich mühsam das Buch aus seinem viel zu großen Umschlag zerrte, checkte ich noch mal kurz durch, ob ich vielleicht doch versehentlich irgendwo ein Buch bestellt haben könnte. Dann hatte ich ein „Mängelexemplar“ in der Hand. Brief nicht. Dann die Eingebung „Guck mal nach einer Widmung.“ Und tatsächlich:
„Liebe Michaela! Hier haste nun doch Dein eigenes ‚Mängelexemplar‘, auch wenn du es schon gelesen hast. Stellste es halt ins Regal und tust so, als hätteste es bei Hugendubel doch gekauft! Allerbeste Grüße! Sarah Kuttner“

Und ich hab mir ein Loch in den Bauch gefreut.

Schaut mal bei Amazon, ob euch das Buch anspricht.