Interview mit Marshall Rosenberg
Gewaltfreie Kommunikation hat laut Marshall Rosenberg eine spirituelle Basis.
Dieses Interview mit Marshall Rosenberg über die spirituelle Basis von GFK habe ich vor einigen Jahren gefunden und übersetzt, weil es mich so berührt hat. Ich möchte es mit Ihnen teilen.
Ist Spiritualität wichtig im Prozess der Gewaltfreien Kommunikation?
Ich denke, es ist wichtig, dass die Menschen sehen, dass Spiritualität die Basis der Gewaltfreien Kommunikation ist, und dass sie die Mechanik des Prozesses damit im Verstand lernen. Es ist wirklich eine spirituelle Praxis, die ich versuche, als eine Art zu leben aufzuzeigen. Sogar obwohl wir dies nicht erwähnen, werden die Leute beim Üben dahin verleitet. Und sogar wenn sie dies als mechanische Technik anwenden, beginnen sie, Dinge zu erleben zwischen sich selbst und Anderen, die sie vorher nicht in der Lage waren zu erleben. So kommen sie schließlich zur Spiritualität des Prozesses. Sie beginnen zu sehen, dass es mehr als ein Kommunikationsprozess ist und sie realisieren, dass es wirklich ein Ansatz ist, eine gewissen Spiritualität zu manifestieren. Ich habe daher versucht, Spiritualität in das Training so zu integrieren, dass ihre Schönheit nicht durch abstraktes Philosophieren zerstört wird.
Was bedeutet dir Gott?
Ich brauche einen Weg, an Gott zu glauben, der für mich funktioniert, also andere Worte oder Wege, um diese Schönheit zu sehen, diese kraftvolle Energie und so habe ich Gott „Geliebte Göttliche Energie“ genannt. Für eine Weile hieß sie nur „Göttliche Energie“, aber dann habe ich über einige der östlichen Religionen und östliche Poeten gelesen, und ich liebe es, wie sie diese persönliche, liebende Verbindung zu dieser Energie haben. Und ich fand heraus, dass es ein Gewinn für mich war, sie „Geliebte“ Göttliche Energie zu nennen. Für mich ist diese Geliebte Göttliche Energie das Leben selbst, die Verbindung zum Leben.
Was ist dein favorisierter Weg, die Geliebte Göttliche Energie zu erkennen?
Es ist, wie ich mich mit menschlichen Wesen verbinde. Ich erkenne die Göttliche Energie, indem ich mich mit Menschen auf eine bestimmte Weise verbinde. Ich sehe nicht nur Göttliche Energie, ich schmecke sie, ich fühle sie und ich BIN sie. Ich bin verbunden mit der Göttlichen Energie, wenn ich mich mit Menschen auf diese Weise verbinde. Dann ist Gott sehr lebendig für mich. Auch indem ich mit Bäumen spreche, mit Hunden oder Schweinen – das sind auch einige meiner favorisierten Arten.
Wie hast du die Gewaltfreie Kommunikation entwickelt?
Gewaltfreie Kommunikation entwickelte sich für mich ausgehend von meinem Versuch, mir bewusst zu werden, was diese Geliebte Göttliche Energie ist und wie man sich mit ihr verbinden kann. Ich war sehr unbefriedigt mit der klinischen Psychologie, denn sie basiert auf Pathologie und ich mochte diese Sprache nicht. Sie vermittelte mir nicht diese Sicht auf die Schönheit der menschlichen Wesen. Nachdem ich meinen Abschluss erhalten hatte, entschied ich mich daher, mir in die Richtung von Carl Rogers und Abraham Maslow zu gehen.
Ich entschied mich, mir die beängstigende Frage zu stellen „Was sind wir, und wie sind wir gedacht zu sein?“ Ich fand heraus, dass darüber in der Psychologie sehr wenig geschrieben war. Und daher nahm ich einen Crashkurs in vergleichender Religionswissenschaft, denn ich sah, dass dort mehr darüber gesprochen wurde. Und in jeder einzelnen Religion kam dieses Wort „Liebe“ vor.
Ich war gewohnt, das Wort Liebe so zu hören wie viele Menschen es in einem religiösen Zusammenhang benutzen wie „Du solltest jeden lieben“. Ich wurde richtig genervt von dem Wort Liebe. „Oh yeah, soll ich etwa auch Hitler lieben?“ Ich kannte den Ausdruck „New Age Bullshit“ zwar nicht, aber ich benutzte einen Ausdruck, der etwas Ähnliches wie ein persönliches Äquivalent war. Ich versuchte, besser zu verstehen, was Liebe bedeutet, denn ich konnte sehen, dass es so viele verschiedene Bedeutungen für so viele Millionen Menschen in all diesen Religionen hatte. Was ist es und wie tust du diese „Liebe“?
Gewaltfreie Kommunikation kam wirklich aus diesem Versuch, dieses Konzept von Liebe zu verstehen und wie man es manifestiert, wie man es macht. Ich kam zu dem Schluss, dass sie nicht etwas ist, dass man fühlen muss, sondern etwas, das man manifestiert, das man tut, das man hat. Und was ist diese Manifestation? Sie besteht darin, dass wir in gewisser Weise uns selbst geben.
Was meinst du damit: „uns selbst geben“?
Für mich bedeutet „uns selbst geben“ einen ehrlichen Ausdruck dessen, was in uns in diesem Moment gerade lebendig ist. Es fasziniert mich, warum man sich in jeder Kultur durch das Grüßen fragt, „Wie geht’s dir?“ Das ist so eine wichtige Frage. Was ist es für ein Geschenk, in der Lage zu sein, in jedem Moment zu wissen, was gerade in einem lebendig ist.
Ein Geschenk von sich selbst zu geben ist eine Manifestation von Liebe. Es ist, wenn du dich selbst nackt und ehrlich zeigst, in jedem Moment, und zwar für keinen anderen Zweck als zu zeigen, was in dir lebendig ist – als Geschenk. Nicht um jemanden ins Unrecht zu setzen, nicht um zu kritisieren oder zu bestrafen. Einfach „hier bin ich und hier ist, was ich gerne hätte.“ Dies ist meine Verwundbarkeit in diesem Moment. Für mich ist das ein Weg, um Liebe zu manifestieren.
Und der andere Weg, uns selbst zu geben, ist, wie wir die Botschaft der anderen Person empfangen. Sie empathisch zu empfangen, sich mit dem zu verbinden, was lebendig in ihr ist, keine Urteile abzugeben. Einfach zu hören, was lebendig in der anderen Person ist und was sie gerne hätte. So ist Gewaltfreie Kommunikation einfach eine Manifestation dessen, was ich unter Liebe verstehe.
Ergab sich also Gewaltfreie Kommunikation aus deinem Wunsch, Liebe zu manifestieren?
Geholfen haben mir dabei auch empirische Forschungen in Psychologie, wo die Charakteristiken gesunder Beziehungen definiert und Leute studiert wurden, die lebende Manifestationen liebender Menschen darstellten. Aus all diesen Quellen entwickelte ich diesen Prozess, der mir half, mich mit Menschen so zu verbinden, dass ich es als liebenden Weg bezeichnen würde.
And dann sah ich, was passierte, wenn ich mich mit Menschen wirklich auf diese Weise verband. Diese Schönheit, diese Kraft verbanden mich mit einer Energie, die ich die Geliebte Göttliche Energie bezeichne. Gewaltfreie Kommunikation hilft mir also, mit dieser wunderschönen Göttlichen Energie in mir selbst in Kontakt zu bleiben und mich auch damit in Anderen zu verbinden. Und wenn ich die Göttliche Energie in mir selbst mit der in Anderen verbinde, ist das, was dann passiert, das beste, das ich kenne, um mich mit Gott an sich zu verbinden.
Wie hinderst du das Ego daran, sich in deine Verbindung mit Gott einzumischen?
Ich sehe das Ego sehr dicht verknüpft damit, wie meine Kultur mich zu denken und zu kommunizieren trainiert hat, und wie die Kultur mich trainiert hat, meine Bedürfnisse in bestimmten Weisen zu erfüllen, und wie meine Bedürfnisse vermischt werden mit bestimmten Strategien, die ich benutzen muss, um diese Bedürfnisse zu erfüllen. Und so versuche ich, bewusst zu bleiben über diese drei Wege, wie meine Kultur mich programmiert hat, Dinge zu tun, die nicht wirklich in meinem besten Interesse sind, indem ich mehr von meinem Ego aus funktioniere als aus meiner Verbindung zum Göttlichen. Ich habe versucht, Wege zu lernen, mich selbst darin zu trainieren, bewusst zu sein, immer wenn ich auf diese kulturell erlernte Weise denke, und dieses Training ist die Gewaltfreie Kommunikation.
Dann glaubst du, dass die Sprache unserer Kultur uns daran hindert, unsere Göttliche Energie näher kennen zu lernen?
Oh ja, definitiv. Ich denke, unsere Sprache macht es wirklich schwierig, besonders die Sprache, die uns durch das kulturelle Training gegeben wurde, welches die meisten von uns durchlaufen zu haben scheinen, und die Assoziationen, die das Wort Gott bei uns auslöst. Beim Unterrichten von Gewaltfreier Kommunikation habe ich über die Jahre herausgefunden, dass urteilendes Denken und die Unterscheidung in Richtig/Falsch die härtesten Dinge sind, die ich überwinden muss. Die Leute, mit denen ich arbeite, sind alle durch Schulen und Kirchen gegangen, und wenn sie GFK mögen, ist es sehr leicht für sie zu sagen, GFK sei der richtige Weg zu kommunizieren. Es ist sehr einfach, zu denken, dass GFK das Ziel sei.
Ich habe eine buddhistische Parabel etwas verändert, die sich mit dieser Frage beschäftigt. Stelle dir eine wunderschönen, vollständigen und heiligen Ort vor. Und stelle dir vor, dass du wirklich Gott treffen kannst, wenn du dort bist. Aber lass uns sagen, da sei ein Fluss zwischen dir und dem Ort, und du möchtest an diesen Ort gelangen, aber du musst den Fluss überqueren. Du nimmst dir ein Floß und das Floß ist ein handliches Werkzeug, um über den Fluss zu gelangen. Wenn du dann drüben angekommen bist, kannst du den Rest der paar Kilometer zu Fuß zu diesem wundervollen Ort gehen. Aber die buddhistische Parabel endet mit den Worten: „Man ist ein Narr, wenn man den Weg weitergeht und immer noch das Floß auf dem Rücken trägt“.
GFK ist ein Werkzeug, um mich über meine kulturelle Programmierung zu bringen, [die wie ein trennender Fluss wirkt], damit ich an den heiligen Ort gelangen kann. GFK ist nicht der heilige Ort. Wenn wir süchtig nach dem Floß werden, wird es schwerer für uns, an den heiligen Ort zu gelangen. Menschen, die nur den Prozess der Gewaltfreien Kommunikation lernen, können alles über den heiligen Ort vergessen, an den sie hinwollen. Wenn sie sich zu sehr an das Floß ketten, wird der Prozess mechanisch.
GFK ist eines der kraftvollsten Werkzeuge, das ich gefunden habe, um sich mit Menschen in einer Weise zu verbinden, die ihnen hilft, an diesen heiligen Ort zu gelangen, wo wir alle mit dem Göttlichen verbunden sind, wo alles, was wir füreinander tun, aus dieser Göttlichen Energie kommt. Das ist der Platz, wo ich hinwill.
Ist dies die spirituelle Basis der Gewaltfreien Kommunikation?
Ich würde es so ausdrücken: Ich denke, wir haben das Geschenk erhalten, die Welt so zu erschaffen, wie wir es wähle. Und wir haben diese großartige Welt der Fülle erhalten, um eine Welt der Freude und Nährung zu erschaffen. Für mich ist es so, dass die Gewalt in der Welt daher kommt, dass wir entfremdet bzw. abgeschnitten sind von dieser Energie. Wie sollen wir uns verbinden, wenn wir erzogen wurden, abgeschnitten zu sein? Ich glaube, es sind unsere kulturelle Konditionierung und Erziehung, die und von Gott abschneiden, besonders das, was wir über Gott gelernt haben.
Walter Wink schreibt darüber, wie dominante Kulturen bestimmte Unterweisungen über Gott benutzen, um Unterdrückung aufrecht zu erhalten. Das ist der Grund, warum Bischöfe und Könige oft sehr enge Beziehungen pflegten. Die Könige brauchten die Bischöfe, um die Unterdrückung zu rechtfertigen, um die heiligen Bücher so zu interpretieren, dass Strafen, Dominanz und so weiter gerechtfertigt waren.
Wie überwinden wir diese Konditionierung?
Ich bin oft unter Menschen, die viel Schmerz erleben. Ich erinnere mich an eine Arbeit mit zwanzig Serben und zwanzig Kroaten. Einige dieser Menschen haben Familienmitglieder verloren, weil sie von der jeweils anderen Seite getötet worden waren, und sie alle hatten seit Generationen eine Menge Gift über die andere Seite in ihre Köpfe gepumpt bekommen. Sie verbrachten drei Tage damit, sich gegenseitig ihre Rage und ihren Schmerz auszudrücken. Glücklicherweise hatten wir sieben Tage miteinander.
Ein Wort, das ich in diesem Gespräch bisher nicht benutzt habe, ist das Wort „Unvermeidbarkeit“. Ich habe es so viele Male gesehen, dass – gleichgültig, was passiert war – wenn Menschen sich in dieser Weise speziellen Weise miteinander verbinden, ist es unvermeidbar, dass sie am Ende so herauskommen, dass sie es genießen, sich dem anderen zu geben [„sich geben“, s.o.]. Es ist unvermeidbar. Für mich ist meine Arbeit, diese magische Show anzuschauen. Die Schönheit kann in Worten nicht ausgedrückt werden.
Aber manchmal arbeitet die Göttliche Energie nicht so schnell wie ich denke, dass sie sollte. Ich erinnere mich daran, wie ich einmal inmitten von Rage und Schmerz saß und dachte: „Göttliche Energie, wenn du diesen ganzen Kram doch heilen kannst, warum brauchst du dann so lange? Warum zerrst du die Menschen durch all das durch?“ Und die Energie sprach zu mir und sagte: „Mach du nur, was du tun kannst, um dich zu verbinden. Bringe deine Energie ein. Verbinde dich und helfe den anderen Menschen, sich ebenfalls zu verbinden – und lass mich den Rest machen.“ Aber sogar obwohl das in einem Teil meines Gehirns vor sich ging, wusste ich dennoch, dass die Freude unvermeidbar war. Wenn wir einfach nur verbunden bleiben mit unserer eigenen Göttlichen Energie und der des anderen.
Und es geschah. Es geschah mit großer Schönheit. Am letzten Tag sprach jeder über die Freude. Und vielen von ihnen sagten, „Weißt du, ich dachte, ich würde nie wieder Freude fühlen nach allem, was wir durchgemacht haben!“ Das war das Thema auf jedermanns Lippen. Zwanzig Serben und zwanzig Kroaten, die sieben Tage zuvor in ihrer Beziehung zueinander nur unvorstellbaren Schmerz erlebt hatten, feierten an diesem Abend die Freude des Lebens miteinander.
Wir gewinnen diese Verbindung zueinander, indem wir Gott kennen?
Ich möchte noch einmal Abstand davon nehmen, Gott zu intellektualisieren. Wenn wir mit „Gott kennen“ diese intime Beziehung meinen, die wir mit der Geliebten Göttlichen Energie haben, dann erleben wir jede Sekunde als Erfahrung des Himmels.
Der Himmel, den ich gewinne, indem ich Gott kenne, ist diese Unvermeidbarkeit, zu wissen, dass es unvermeidbar ist, dass was zur Hölle auch immer gerade passiert, wenn wir diesen Level von Verbindung miteinander erreichen, wenn wir in Berührung kommen mit der Göttlichkeit des anderen, dann ist es unvermeidbar, dass wir es genießen, zu geben und dass wir zurück ins Leben gelangen. Ich bin schon durch so viel hässlichen Kram mit Menschen durchgegangen, dass ich nicht mehr darüber besorgt bin, es ist unvermeidbar. Wenn wir diese Qualität von Verbindung bekommen, mögen wir es, wo sie uns hinbringt.
Es erstaunt mich, wie effektiv sie ist. Ich könnte dir ähnliche Beispiele erzählen zwischen israelischen Extremisten, sowohl politisch als auch religiös, und das gleiche auf der palästinensischen Seite, und zwischen den Hutus und den Tutsis und den Christen in Nigeria. Mit allen war es erstaunlich, wie leicht es war, sie zur Versöhnung und Heilung zu bringen. Noch einmal, alles was wir tun müssen, ist, beide Seiten dazu zu bringen, sich mit den Bedürfnissen der anderen Seite zu verbinden. Für mich sind die Bedürfnisse der schnellste und kürzeste Weg, mit der Göttlichen Energie in Kontakt zu kommen. Jeder hat die gleichen Bedürfnisse. Die Bedürfnisse entstehen, weil wir am Leben sind.
Wie bekommst du Feinde dazu, dass sie erkennen, dass sie sich einander „geben“ müssen?
Wenn du den Level erreicht hast, wo du Menschen miteinander verbinden konntest, lassen sich diese Feindbilder kaum mehr aufrecht erhalten. GFK in seiner reinen Form ist der kraftvollste, schnellste Weg, den ich gefunden habe, um Menschen dazu zu bringen, ihre lebensfeindlichen, einander verletzenden Denkweisen zu verlassen und sich einander mit Freude zu geben.
Wenn Menschen wie Hutu und Tutsi aufeinander treffen, und die Familien beider Seiten wurden voneinander umgebracht, dann ist es erstaunlich, wie man sie in nur zwei bis drei Stunden dazu bringen kann, dass sie einander fördern. Es ist unvermeidbar. Unvermeidbar. Das ist der Grund, warum ich diesen Ansatz benutze.
Wenn man betrachtet, wie viel Leid geschehen ist, beeindruckt es mich, wie einfach es ist und wie schnell es geschehen kann. GFK heilt wirklich schnell, wenn Menschen viel Schmerz erfahren haben. Das motiviert mich, es immer schneller hinkriegen zu wollen, denn die Art und Weise, wie wir es jetzt machen, dauert immer noch eine Weile.
Wie können wir das noch beschleunigen mit den anderen 800.000 Hutus und Tutsis und dem Rest des Planeten?
Ich würde gerne erforschen, was geschehen würde, wenn wir Filme oder Fernsehshows über diesen Prozess machen könnten, denn ich habe gesehen, dass wenn zwei Menschen durch den Prozess gehen, während andere dabei nur zusehen, wirkt dieses Lernen, diese Heilung und Versöhnung stellvertretend für alle. Daher würde ich gerne Wege erforschen, wie man die Medien benutzen kann, um Massen von Menschen zu erreichen, damit sie schneller zusammen durch diesen Prozess gehen können.
Bist du in diesem Prozess irgendwelchen kulturellen oder sprachlichen Barrieren begegnet?
Es erstaunt mich, wie wenige es sind und wie klein sie sind. Als ich angefangen habe, diesen Prozess in einer anderen Sprache zu unterrichten, hatte ich große Zweifel, dass es funktionieren könnte. Ich erinnere mich, wie ich das erste Mal in Europa war und erst nach München und dann nach Genf fuhr. Meine Kollegin und ich bezweifelten, dass wir das in einer anderen Sprache transportieren könnten. Sie wollte es in Französisch machen und ich wollte bereit sein, damit sie mir Fragen stellen könnte, falls sich welche ergaben. Ich wollte wenigstens versuchen, ob wir es mit Übersetzern machen könnten. Aber es funktionierte so gut und ohne irgendwelche Probleme – und so war es überall. Daher mache ich mir einfach keine Sorgen mehr, ich mache es in Englisch und du übersetzt es und es funktioniert sehr gut. Ich erinnere mich an keine Kultur, mit der wir irgendwelche größeren Probleme gehabt hätten – vielleicht mit ganz kleinen Dingen, aber nicht mit der Essenz. Wir hatten nicht nur kleine Probleme, sondern wir erlebten wiederholte Male Varianten davon, wie Menschen sagten, dies sei essentiell das, was ihre Religion sage. Es ist alter Kram, sie kennen diesen Kram und sie sind dankbar für diese Manifestation, aber es nichts Neues.
Glaubst du, eine spirituelle Praxis ist wichtig, um GFK zu praktizieren?
Ich empfehle allen Workshops, dass die Leute sich Zeit nehmen sollen, um sich selbst die Frage zu stellen „Welche Art wähle ich, mich mit anderen Menschen verbinden?“ und sich dabei so bewusst wie möglich zu sein. Und zwar um sicher zu gehen, dass es wirklich ihre Wahl ist – und nicht nur die Art, wie sie zu wählen programmiert sind. Wirklich, auf welche Weise willst du dich mit anderen Menschen verbinden?“
Dankbarkeit spielt auch eine große Rolle für mich. Falls ich Dankbarkeit ausdrücke, wenn ich mir bewusst bin über die Menschlichkeit in der Handlung, für die ich sie ausdrücken will, wenn ich bewusst darüber bin, wie ich mich fühle, wenn die Handlung geschieht – gleichgültig, ob es meine ist oder die von jemand anderem -, und wenn ich bewusst bin, welches Bedürfnis mir die Handlung erfüllt, dann erfüllt mich der Ausdruck von Dankbarkeit mit dem Bewusstsein der Kraft, die wir Menschen besitzen, um das Leben zu bereichern. Ich werde achtsam, dass wir alle diese Göttliche Energie sind, dass wir solche Kraft haben, das Leben wundervoll zu machen, und dass da nichts ist, das wir lieber tun als einfach nur das.
Für mich ist das ein kraftvoller Beweis der Göttlichen Energie, dass wir diese Kraft haben, das Leben so wundervoll zu machen und das da nichts ist, was wir mehr lieben. Das ist, warum mein Part meiner spirituellen Praxis es nur ist, mir dieser Dankbarkeit bewusst zu sein.
Wie essentiell ist das Bedürfnis, sich selbst anderen zu schenken?
Ich denke, das Bedürfnis, das Leben zu bereichern ist eines der essentiellsten und kraftvollsten Bedürfnisse, die wir alle haben. Man kann es auch anders ausdrücken: wir haben das Bedürfnis, aus der Göttlichen Energie in uns heraus zu handeln. Und ich denke, wenn wir diese Göttliche Energie SIND, dann gibt es nichts, was wir mehr lieben, nichts, in dem wir mehr Freude finden, als darin, das Leben zu bereichern, unsere immense Kraft, das Leben zu bereichern, zu nutzen.
Aber wenn wir versuchen, das Bedürfnis aus der Göttlichen Energie heraus zu leben, zu erfüllen, wenn wir versuchen, zum Leben beizutragen, dann ist da eine Bitte, die damit einhergeht. Wir haben die Bitte, eine Rückmeldung zu erhalten von welcher Kreatur auch immer, deren Leben wir gerade zu bereichern versuchen. Wir wollen uns vergewissern „ist meine Absicht und meine Handlung erfüllt?“ War da also Erfüllung?
In unserer Kultur wird diese Bitte verzerrt zu dem Denken, wir hätten das „Bedürfnis“, dass die andere Person uns dafür liebt, was wir getan haben, uns dafür wertschätzt, was wir getan haben, uns für das bestätigt, was wir getan haben. Und das verzerrt und verdirbt die Schönheit des ganzen Prozesses. Es war nicht ihre Bestätigung, für die wir es getan haben. Unsere tiefe Absicht war, unsere Energie, das Leben zu bereichern, aufzuwenden. Aber wir brauchen das Feedback. Wie weiß ich, ob meine Anstrengung erfolgreich war, so lange ich kein Feedback habe?
Und ich kann dieses Feedback benutzen, um mir klar zu werden, ob ich wirklich aus der Göttlichen Energie heraus gehandelt habe. Ich weiß, dass ich aus der Göttlichen Energie heraus gehandelt haben, wenn ich Kritik genau so schätze wie Dank.
Dr. Marshall B. Rosenberg
Liebe Michaela,
ich habe gerade Deinen Artikel „Lass‘ dich mal drücken“ gelesen und gleich danach dieses Interview mit Marshall Rosenberg. Das fühlte sich für mich ganz eigenartig an, schwer mit Worten zu beschreiben.
Herzliche Grüße
Bernhard
Mir hat die Gfk bisher geholfen, achtsam zu sein für mich und andere. Es hat mir geholfen, Sensibilität und Empathie zu entwickeln und wertvolle Einblicke gegeben. Ich bin dem Berater sehr dankbar, der mir dies empfahl und mich mit dieser Form der Kommunikation in Verbindung gebracht hat. Es hat mein Leben bereichert.
Liebe Michael, danke für dieses Interview, das sehr aufschlussreich ist. Ich habe das Original-Interview auch schon mal gehört und würde es gerne nochmal anhören. Könntest du es mir schicken?
Liebe Grüße Cäcilia
Liebe Cäcilia,
ich habe das Originalinterview leider nicht als Audio und weiß nicht mal, wo das Transskript ist.
Liebe Grüße
Michaela
Liebe Michaela,
vielen Dank für die Übersetzung und das Teilen!
Herzliche Grüße mit allen guten Wünschen für dich!
Alexandra Boos