Traummann finden – das ist gar nicht so einfach, denn wie will man wissen, ob das Sahnestückchen, das man sich geangelt hat, hält, was es verspricht? Denn da man sich in der Anfangsphase einer Bekanntschaft zusammenreißt und von der Schokoladenseite zeigt, sagt ein von sanfter Achtsamkeit und bestrickender Kreativität getränktes Wohlverhalten leider überhaupt nichts über den Charakter eines Menschen aus. In den ersten zwei Monaten beeindruckt er Sie noch damit, zum Frühstücken nach Paris zu fahren oder nachts ins Schwimmbad einzubrechen, aber nach spätestens einem halben Jahr krümelt er nur noch Ihr eigenes Bett in Bottrop voll – und zwar mit den Croissants, die Sie selbst beim Bäcker an der Ecke gekauft haben. Und Schwimmen geht er dann auch wieder alleine.

Wenn Sie wissen wollen, wie der Typ unter der Schokolade aussieht, müssen Sie auf das achten, was er nicht bewusst kontrolliert. Denn wenn die Schokoladenseite abgelutscht ist, sind Sie unter Umständen mit einem tristen, dürren Keks konfrontiert, in den Sie nie reingebissen hätten. Wenn man dazu neigt, sich (zu) schnell zu engagieren, sollte man gleich beim Kennenlernen auf einige Dinge achten, damit man sich keinem Arsch an den Hals wirft. Wenn Sie also gerne jemanden an Ihrer Seite hätten, der Ihr Leben auf Dauer bereichert, dann könnten meine Tipps vielleicht sinnvoll sein.

1. Wie verhält der Aspirant sich in Konflikten mit anderen?

Sie selbst werden in der ersten Zeit sicher keine Konflikte miteinander haben, daher sollten Sie genau hinschauen, wie der potenzielle Auserwählte mit anderen Menschen umgeht, auf die er gerade sauer ist. Wenn Sie die Chance haben, einen Konflikt zu beobachten, tun Sie es. Schauen Sie nicht diskret weg, denn Sie könnten in ein paar Monaten die Nächste sein, die in den Genuss seines Konfliktverhaltens kommt. Wenn der Auswählte Chef ist, beobachten Sie, wie er mit seinen Mitarbeitern umgeht. Wenn Sie mit ihm Auto fahren, achten Sie, wie er über die Napfsülze spricht, die ihm gerade die Vorfahrt genommen hat. Wie schnell fährt er aus der Haut? Schmeißt er mit Schimpfworten um sich? Wie spricht er über andere? Kommt er immer auffällig gut bei seinen Schilderungen weg, während die Außenwelt sich kollektiv gegen ihn verschworen hat? Dann lassen Sie lieber die Finger von ihm.

2. Wie geht der Anwärter mit seinen Freunden um? Und diese mit ihm?

Hat der Typ überhaupt Freunde? Und wie lange hat er sie schon? Sind es solche, mit denen er nur „ein Bierchen trinkt“, Fußball kuckt und die Leistungsfähigkeit ihrer elektronischen Spielzeuge vergleicht, oder unterstützen sie sich auch in schwierigen Zeiten? Wie spricht er über seine Freunde? Wie herzlich ist der Kontakt insgesamt?

Wenn Ihr Bekannter keine Freunde hat, finden Sie heraus, woran das liegt.

3. Wenn es möglich ist, finden Sie heraus, wie Ihr neuer Lover sich verhält, wenn er sich unbeobachtet fühlt.

Viele Menschen sind es so sehr gewöhnt, Rollen zu spielen, dass sie in Gesellschaft nur schwer sie selbst sein können (wobei es zugegebenermaßen schwierig ist, festzulegen, wie man selbst eigentlich ist, weil man ja so viele Persönlichkeitsanteile hat). Doch irgendwann bricht sich das wahre Selbst Bahn, und dann gnade Ihnen Gott, wenn das ein Stinkstiefel ist. Wenn Ihr Lover also z.B. gerade kocht (ich hoffe doch, er kann kochen!) und sich tierisch aufregt, weil ihm gerade das Ei runtergefallen ist, oder wenn er den Kleiderbügel auf den Boden knallt, weil der nicht gleich gehorcht hat, dann können Sie davon ausgehen, dass er irgendwann auch Ihnen gegenüber die Contenance verliert.

4. Fragen Sie ruhig auch mal nach Verflossenen.

Sie müssen sich ja nicht die Bettgeschichten erzählen lassen, aber fragen Sie nach, was bei vorangegangenen Beziehungen schief gelaufen ist und welche Fehler Ihr Auserwählter gemacht hat. Denn wenn Sie ein Auto kaufen, wollen Sie ja (hoffentlich!) auch wissen, warum der Vorbesitzer es loswerden will. Hören Sie genau zu. Wie stellt er die Ex dar? War sie eine Schlampe? Setzt er sie ins Unrecht? Achten Sie auch darauf, ob er sich als Opfer darstellt.

5. Falls Sie welche haben – mag er Kinder?

Als Single-Mama einen Mann zu finden, der lecker aussieht, Kinder mag (auf gesunde Art!) und sich nicht dran stört, dass sie von einem anderen Mann stammen, scheint für viele Frauen schwierig zu sein. Auf jeden Fall sollten Sie die Kinder so schnell wie möglich thematisieren, bevor Sie sich emotional einlassen, denn wenn er mit Kindern nicht umgehen kann, scheidet er als Partner ja sowieso aus. Andererseits sollten Sie auch auf der Hut sein, wenn er Kinder mag, denn eine bestimmte Art Zuneigung ist für das Kind ja schlimmer als Ablehnung. Hier ist Ihre Intuition gefordert. Wer selbst ein Missbrauchsthema hatte, erkennt die Alarmsignale entweder besonders schnell – oder gar nicht. In diesem Fall sollten Sie Ihren Bekannten einer Freundin vorstellen.

6. Fragen Sie den Lover nach seiner Kindheit.

Unsere Kindheit prägt uns so sehr wie nichts anderes, daher finde ich es extrem wichtig, zu erfahren, wie jemand die ersten Jahre seines Lebens verbracht hat. Fragen Sie während eines leutseligen Gespräches (vielleicht bei einem Wein, das löst die Zunge) z.B. nach seinem schönsten Erlebnis. Fragen Sie, wohin die Familie in Urlaub gefahren ist, ob er lieber bei der Oma war, und versuchen Sie, herauszufinden, ob er seine Kindheit mochte. Wenn er sich an gar nichts mehr erinnen kann, ist äußerste Vorsicht geboten! Dann war die Kindheit in der Regel so beschissen, dass man lieber versucht, sie in der hintersten Gehirnwindung zu verstecken. Aber natürlich bleibt sie da nicht, sondern schleicht sich raus und äußert sich in allerlei Blockaden und unbewussten Konditionierungen.

Langsam nähern wir uns den psychologischen Kronjuwelen.

7. Wie ist sein Verhältnis zu Geschwistern und Eltern?

Wenn ich Single wäre und einen neuen Lover in mein Leben ließe, würde ich schnell herauszufinden versuchen, wie seine Beziehung zu Eltern und Geschwistern war bzw. ist und ob er irgendwelche krassen Traumata erlebt hat. Ich kannte mal jemanden, der als Baby gegen die Wand geworfen worden war, als er mal zu laut gebrüllt hatte. Wenn ich das Leuten erzähle, kommen ihnen fast die Tränen, aber er konnte das ganz locker erzählen und hatte sogar Verständnis für seine Eltern. Er hatte zwar einen trockenen Humor, aber auch etwas seltsam Starres, Wartendes, Aushaltendes. Seine Beziehungsfähigkeit war stark eingeschränkt. Er hatte zwar Freundinnen, aber die Partnerschaften hielten nie sehr lange, weil alle Frauen früher oder später merkten, dass er sich nicht weiterentwickelte. Wenn er sich kritisiert fühlte, versteinerte sein Gesicht und er presste die Lippen aufeinander.

Die Beziehung zu Eltern und Geschwistern ist die Blaupause für alle nachfolgenden Beziehungen in unserem Leben. Mit diesen Menschen verbringen wir am Anfang die meiste Zeit. Mit ihnen müssen wir uns arrangieren. Im Kontakt mit ihnen ziehen wir die ersten Schlussfolgerungen darüber, wie das Leben ist. Wenn z.B. die Mutter als Kind nicht geliebt wurde, kann sie ihrerseits auch selbst keine Liebe geben, sondern handelt nur aus Pflichterfüllung – und automatisch fühlen wir uns nicht liebenswert. Wenn der Vater im Krieg gefallen ist oder berufsbedingt ständig abwesend war, fehlt uns die männliche Bezugsperson. Und als älteste Schwester haben wir eine andere Rolle als in der Mitte oder als Nesthäkchen.

Wenn Ihr Lover also keine gute Beziehung zu seinen Eltern hat, sollten Sie nachhaken, woran das lag und ob er schon daran gearbeitet hat. Wenn er mit dem Thema wirklich durch ist, erkennen Sie das daran, dass er keinen Groll mehr gegen seine Eltern hegt. Wenn er hingegen noch Ärger oder gar Hass empfindet, ist das Thema noch nicht geheilt, und es wird ihm und Ihnen irgendwann um die Ohren fliegen.

8. Wenn Sie etwas gefunden haben, das Sie so sehr stört, dass Sie es ändern wollen – lieber schnell wegrennen!

Nach drei Wochen totaler Romantik fällt Ihnen auf, dass er im Bett raucht, manchmal beschissene Klamotten anzieht, laut furzt, ständig schmatzt und schlürft, zu laut lacht oder jeden Freitag mit den Jungs zum Saufen weggeht? Finden Sie das Scheiße? Dann gehen Sie. Schnell. Bleiben Sie auf keinen Fall bei ihm, nur weil Sie hoffen, Sie könnten Ihren neuen Freund noch polieren, zurechtschneiden oder auf sonstige Weise umerziehen. Hoffen Sie NIEMALS, dass Sie ihn ändern können. Es wird nicht funktionieren. Man kann niemanden ändern. Sie selbst wollen auch nicht geändert werden, oder? Jeder will geliebt werden, wie er ist. Bleiben Sie also nur bei Ihrem neuen Typen, wenn Sie ihn lassen können, wie er ist.

Hier ist eine schöne Geschichte, die dazu passt:

Lassen Sie sich auch nicht darauf ein, dass er sich ändern wird, weil er Sie liebt. Das ist Quatsch. Er wird sich nämlich nicht ändern, weil er Sie liebt, sondern weil er geliebt werden will. Was bedeutet, dass er es selbst nicht tut – also sich lieben. Aber eine Liebe, die darauf beruht, dass beide Seiten sich ändern, ist keine Liebe, sondern ein Vertrag mit gegenseitigem Nachbesserungsanspruch.

Fazit:

Ihr neuer Typ wird anfangs nicht nur die Wohnung aufräumen, wenn Sie kommen, sondern er wird auch sich selbst sehr aufgeräumt zeigen. Wenn Sie also jemanden auf Dauer suchen und nicht ziellos „nur mal gucken“ wollen, dann sollten Sie so schnell wie möglich viel wie möglich vom ganzen Paket kennen – und nicht nur die schöne Verpackung.